Geschichte

Für viele Jahrhunderte waren Echzell, Bisses und Gettenau Heimat für zahlreiche jüdische Familien. Sie bildeten die gemeinsame jüdische Religionsgemeinde von Echzell. Diese wurde im Novemberpogrom von 1938 gewaltsam beendet: Max Simon, ihr letzter Vorsitzender, verhaftet, ihre Akten und ihre Kasse beschlagnahmt, die Synagoge im Inneren zerstört, jüdische Familien (Rossmann und Simon) überfallen, die Wohnungen zertrümmert und die Bewohner misshandelt.

59 Menschen, die in Echzell, Bisses und Gettenau geboren waren oder längere Zeit hier gelebt hatten, sind nachweislich im Holocaust umgekommen. Das Schicksal zahlreicher weiterer Mitbürger ist unbekannt.

Wann sich die ersten Juden hier angesiedelt haben, ist nicht dokumentiert, vermutlich aber flohen sie vor den Pogromen in Frankfurt im ausgehenden Mittelalter heraus aufs flache Land.

Aktenkundig werden in Echzell und Bisses lebende Juden erstmals im 16. Jahrhundert: Nachdem am 27. Juni 1572 Landgraf Ludwig von Hessen befohlen hatte, dass alle jüdischen Männer zum 7. Juli nach Marburg kommen sollten, erschienen auch Abraham und Isack von Echzell, und 1575 wird ein Michel von Bisses erwähnt, der später seinen Wohnsitz in Friedberg hatte.

Bis Mitte der 1860er Jahre lag das Zentrum der jüdischen Gemeinde in Bisses, wo es einen Betsaal, vielleicht eine kleine Synagoge, und einen jüdischen Friedhof gab. Um 1830 werden in Bisses 41 jüdische Einwohner gezählt, in Echzell 29. Bisses hatte früher lange zur Standesherrschaft der Freiherrn von Nagel gehört, die gegen Gebührenentrichtung als Schirmherrn „Schutzjuden“ in Bisses angesiedelt hatten. Die in Echzell lebenden Juden gehörten zur Gemeinde in Bisses.

1863/64 wurden eine neue Synagoge in Echzell erbaut, Mitte der 1880er Jahre auch ein neuer Friedhof nahe beim Forsthaus am Waldrand eingerichtet und der alte in Bisses nicht weiter genutzt. Seitdem Echzell Hauptgemeinde war, gehörten auch die in Bisses und Gettenau lebenden Juden zur Gemeinde in Echzell. Um 1924 wurden in Echzell 66 Gemeindeglieder gezählt, aus Bisses gehörten 20  und aus Gettenau fünf Personen zur jüdischen Gemeinde von Echzell.

Auf Grund der zunehmenden Entrechtung und der Repressalien in den Jahren nach 1933 ist der Großteil der jüdischen Gemeindeglieder weggezogen beziehungsweise ausgewandert. Im November 1938 werden in Echzell und Bisses nur noch 19 hier wohnende Juden genannt; 1939 noch sechs, und nur zwei - Emma und Hermann Heilbronn - werden im September 1942 direkt von hier aus deportiert.

Nur vier Echzeller, die in die Todeslager verschleppt wurden, haben überlebt und sind nach Echzell zurückgekehrt - Bella Hampel mit zwei kleinen Kindern, und Max Kaufmann, der später nach Bielefeld verzog.